Juni 2015: Die 7 Hauptlaster in der Kunst "I"

Im Volksmund “die 7 Todsuenden”

Im Gemaelde "Sieben Todsuenden” von Otto Dix von 1933 schleicht sich der Geiz als gebueckte alte Hexe aus dem Bild, darauf hockt der Neid als giftiger kleiner Zwerg.

Der Artikel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 29. Dezember 2013 mit der gewuenschten Prognose fuer den Kunstmarkt 2014 hat mich dazu bewegt, Einzelheiten wiederzugeben. Aus dem Mittelalter stammt der Deckname SALIGA, gebildet aus den Anfangsbuchstaben der genannten Todsuenden: Superbia, Avaritia, Luxuria, Ira, Gula, Inidia, Acedia.

  • Superbia umfasst den Hochmut, die Eitelkeit, die Ueberheblichkeit. Sie ist, wenn es so etwas gibt, das Kardinallaster des Kunstmarktes, am liebsten macht sie sich breit im Hoch- und Hoechstpreissegment, Seit Sigmund Freud heißt das ungefaehr auch Narzissmus und ist eine psychische Stoerung aus dem Kleinkindalter, bisweilen mit enormer Durchschlagskraft ins weitere Leben. Wie die Superbia zielt ausgewachsener Narzissmus auf Abgrenzung, auf soziale Unterscheidung. Und dafür gibt es neuerdings keine tauglichen Werkzeuge der Distinktion als heillos teure Kunstwerke, die gesellschaftlichen Prothesen fürs Ego. Ein huebscher Nebeneffekt uebrigens; Wer solche besitzt, zeigt sie gern vor, weshalb so manche Spitzenstuecke im Museum landen.
  • Avaritia Der Geiz ist der Albtraum eines jeden Galeristen und ein sich unkontrollierbar ausbreitendes Laster. Es wird besonders unangenehm, wenn es mit Superbia zusammentrifft. Da der Hochmut seit je weit verbreitet ist, hoerte man 2013 wiederholt eine Geschichte auf dem Beichtstuhl: Ein Galerist setzt einen festen Preis fuer ein Bild. Er hat ihn sich lange ueberlegt, oft auch gemeinsam mit dem Kuenstler. Der Sammler sagt einen ersten Satz: “Was fuer ein schoenes Werk”. Der Galerist sagt: “Das freut mich”. Der Sammler sagt einen zweiten Satz: “Bekomme ich Prozente? Zwanzig?” Nun kann der Galerist Prudentia beweisen und schon vorher etwas draufschlagen, weil fuer Temperantia der Kunstmarkt kein gutes Feld ist. Doch das Feilschen verdirbt nicht nur den Kunstkauf, sondern auch die Kunst.

Die Fortsetzung zu der Aufschluesselung des mittelalterlichen Decknamens wird in den News fuer Juli und August 2015 erscheinen. Der Artikel aus der FAZ stammt von Rose-Maria Gropp und Swantje Karich.

Monatsspruch

Es gibt keinen größeren Verschwender als den Geizhals. Er vergeudet sein Leben auf die Erwerbung dessen, was er weder genießen kann noch will.

Baron József Eötvös von Vásárosnamény

* 13. September 1813 in Buda

† 2. Februar 1871 in Pest