November 2013: Rahmenstilkunde VI

Die Zeit von 1815 (Wiener Kongress) bis 1848 (Beginn der bürgerlichen Revolution) bezeichnen wir als Biedermeier. Der Ursprung dieser Bezeichnung liegt in der fiktiven Figur eines treuherzigen spießbürgerlichen Gottlieb Biedermaier, erfunden von dem Juristen Eichrodt und dem Arzt Kußmaul, und unter dessen Namen veröffentlichte Gedichte. Hier liegt die Zusammenfassung zweier Gedichte mit den Titeln “Biedermanns Abendgemütlichkeit” und “Bummelmaiers Klage” vor. Bis 1869 wurde “Biedermaier” geschrieben, erst danach gab es die Schreibweise mit “ei”.

Der Mensch des Biedermeier galt als harmoniesüchtiger Kleinbürger. Bekannte Namen aus dieser Zeit kennen wir: Nikolaus Lenau, Annette von Droste-Hülshoff, Franz Grillparzer, Rückert und Mörike.

Als Vormärz wird zur gleichen Zeit eine entgegengesetzte Bewegung bezeichnet. Christian Dietrich Grabbe schrieb “Napoleon oder die Hundert Tage (Drama)” und Georg Büchner verfasste das Dokumentardrama “Dantons Tod.

Heute wird Biedermeier auf behagliche Wohnkultur und private Gemütlichkeit in der Zeit reduziert.

Diese Reihe der Rahmenstilkunde ist den Aufzeichnungen der Rahmenfabrik Conzen entnommen.

Rahmen des Biedermeier (1815 – 1848)

  • Bei den Rahmen des Biedermeier handelt es sich – wie bei den Möbeln – im Wesentlichen um vereinfachte und populäre Versionen des frz. Empirestiles.
  • Die bekannteste schlichte Rahmenform um 1840/50 ist die “Berliner Leiste”, eine gänzlich unverzierte Hohlkehlleiste, die mit einer Silberfassung mit Goldlacküberzug – der sog. Lüsterfassung – versehen ist. Sie wurde in großen Mengen am laufenden Meter produziert: das Innenprofil besteht aus zwei schmalen nach außen ansteigenden Kehlen; es folgen eine breite nach außen ansteigende Hohlkehle und ein schmaler Absatz. Das Außenprofil bildet ein nach außen ansteigender Viertelrundstab.
  • Der schlichte Profilaufbau eines Rahmens für Stiche oder Zeichnungen besteht in der Regel aus einer breiten Platte; die Ecken werden durch dunkle Quadrate betont: für die Platte werden meist glatte, polierte Hölzer (Tropenhölzer, bes. Mahagoni) verwendet, in die auch Intarsien eingearbeitet werden. Die Ecken werden akzentuiert durch Quadrate mit Intarsien in Form einer Blütenrosette, bzw. mit aufgenagelten medailonförmigen Messingbeschlägen.
  • Die Mitte der Rahmenplatte zeigt oft ein längs zu den Schenkeln verlaufendes, in die Platte vertieftes Flechtband, das Innenprofil wird durch einen Schraubstab verziert, die Außenseite mit einem Vierkantstab abgeschlossen.

Monatsspruch

Die Werke des Geistes sind ewig feststehend, aber die Kritik ist etwas Wandelbares. Sie geht hervor aus den Ansichten der Zeit.

Christian Johann Heinrich Heine, * 13. Dezember 1797 als Harry Heine in Düsseldorf (Herzogtum Berg),  † 17. Februar 1856 in Paris